Nur eine gut informierte Debatte ist eine ausgewogene Debatte. Eine solche haben Zürich und das Schauspielhaus verdient. Denn die Frage, wie das Pfauentheater gute Perspektiven geschaffen werden sollen, interessiert auch viele jener Menschen, die den historischen Zuschauersaal am liebsten erhalten möchten – aber nicht auf Kosten der Zukunft: Auch sie wollen die Bedürfnisse der Theatermacher:innen und ihres Publikums, die Entwicklung des Schauspielhauses und die planerischen Überlegungen kennen, bevor sie sich abschliessend eine Meinung bilden. Denn eigentlich geht es fast allen Zürcher:innen um das Gleiche:

Wir lieben den Pfauen und wünschen ihm eine tolle Zukunft!

Dass der Pfauen vollständig instandgesetzt werden muss, bestreitet kaum jemand. Die Wege dorthin sind aber vielfältig. Zehn Jahre schon haben viel Fachleute an dem Projekt «Modernisierung Pfauen» gearbeitet. Die Materie ist komplex, aber wir haben versucht, sie möglichst gut zusammenzufassen.

Hereinspaziert!

Erleben Sie die Knackpunkte der Pfauen-Modernisierung auf einem kurzen Video-Rundgang mit Schauspieler Michael Neuenschwander:

 

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Zehn Jahre Arbeit

Mitte der 70er Jahre wurde der Pfauen zum letzten Mal vollständig saniert und modernisiert. 2011 – also vor zehn Jahren – analysierte die Stadt als Eigentümerin den Zustand des Gebäudes: Eine komplette Instandsetzung ist unausweichlich. Wie weit aber sollte diese gehen? Dazu wurde eine erste Machbarkeitsstudie (MBS) erstellt. Wie sich zeigte, würde eine reine Sanierung den Theaterbetrieb sogar erschweren – weil der komplexe Bau an viele neue Gesetze angepasst werden muss. Das würde viel von dem Platz kosten, der heute schon viel zu knapp ist.

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Theater der Zukunft

Auch ein klassisches, aber modernes Theater nimmt laufend neue Künstler:innen, neue Ausdrucksformen, neue Technologien auf – und dies im Repertoirebetrieb, der allabendlich wechselnde Stücke bietet. Dafür ist ein hoch komplexes Zusammenspiel von Organisation, Maschinerie und Kunst nötig. Es braucht ein zugleich eingefuchstes und agiles Theater, um die weltweit einzigartige Tradition des deutschsprachigen Stadttheaters in die Zukunft zu transportieren.

Die Modernisierung des Pfauens soll entlang folgender Themen erfolgen:

  • Stärkung des Repertoiretheaters 

  • Komplementarität zum Schiffbau

  • Ort der Begegnung & Debatte; Integration, Diversität des Publikums

  • Sicht & Akustik

  • Publikumsbedürfnisse

  • Arbeitsbedingungen

  • Agilität und künstlerische Perspektiven, lokal & international

Was für ein Stadttheater also wünscht sich Zürich? Die Emotionen, die dieses Haus auslöst, der Stolz, den es weckt, lässt vermuten, dass die meisten Zürcher:innen auch weiterhin ein Schauspielhaus wollen, das auf höchstem künstlerischen Niveau spielt. Ist dies auf Jahrzehnte hinaus möglich, wenn der Saal erhalten und das Haus saniert wird? Oder braucht es dafür eine umfassende Erneuerung?

Das Schauspielhaus der Zukunft fordert unsere Vorstellungskraft heraus. Denn momentan gibt es noch keine konkreten Projekte, nur Machbarkeiten. Erst der Architekturwettbewerb wird die Lösung fassbar darstellen. Der heutige Pfauen hingegen existiert real, und er weckt Emotionen. Das ist ein wichtiger Faktor in der laufenden Debatte.

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Erinnerungsort

Mit dem Schauspielhaus verbindet sich eine einzigartige Geschichte: Hier fand ein Ensemble aus Emigrant:innen zur Nazi-Zeit Zuflucht. Im Zweiten Weltkrieg war der Pfauen ein Leuchtturm der Geistigen Landesverteidigung. Nach dem Krieg stand das Schauspielhaus Zürich im Zentrum einer literarischen Blütezeit, mit Uraufführungen von Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt. Das grösste Sprechtheater der Schweiz hatte und hat wohl wie keine andere Kulturinstitution eine Ausstrahlung auf die hiesige Gesellschaft.

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Machbarkeiten und Lösungen

Zwischen 2014 und 2019 haben Architekt:innen vier Machbarkeitsstudien erstellt, aus denen jene vier baulichen Varianten resultierten, die der Stadtrat nun dem Parlament unterbreitet hat. Drei dieser Varianten sehen eine Sanierung des Saals vor, mit keinen, geringen oder grossen Eingriffen. Bei einer Variante werden Saal und Bühne durch einen Neubau ersetzt. Diese letzte Variante ist jene mit dem deutlich grössten Nutzwert. Sie ist aber auch die günstigste Variante. Das hängt mit einem weiteren Unterschied zusammen: Für die Varianten 1 bis 3 braucht es nämlich – im Gegensatz zur Variante 4 – teure zusätzliche Flächen im Blockrand. Nicht beziffern lässt sich der ideelle Wert des Erinnerungsortes. Um diesen aktiv zu pflegen sollen aber auch bei einer umfassenden Erneuerung verschiedene Formen der Vermittlung genutzt werden. Dazu wird ein Konzept ausgearbeitet werden müssen.

Die letztlich ausgewählte Variante wird in einem Architekturwettbewerb zu einem konkreten Projekt weiterentwickelt. Am Schluss entscheiden die Stimmbürger:innen.